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Erwartungsgefühl macht sich breit, als sich die Führungsriege des kirchlichen Jugendbüros Osterhofen am Torbogen zum Kloster versammelt und zum Zeichen des Gelingens abklatscht. Johann Anzenberger ist seit 1996 ständige Vorhut der Jugendfußwallfahrt auf der Route Osterhofen. Mit seinem rot-weißen Fähnchen eilt er dem Gegenverkehr entgegen, damit sich dieser auf den Pilgerzug einstellen kann. Dann ist es so weit, die Kirchenglocken schlagen an. Aufstehn aufeinander zugehn note des utilisateurs. Zwei Tage lang will man Schritt für Schritt dem seelischen Gleichgewicht entgegen beten, um danach gestärkt mit Kraft und Mut aus der auferlegten Herausforderung hervorzugehen. Am Samstagnachmittag werden die Pilger ihr Wallfahrtsziel, den Gnadenort Altötting, mit etlichen Tausend Weggefährten aus anderen Wallfahrtsrouten erreichen, um Gott bei einer Lichterprozession mit Bischof Dr. Stefan Oster für die erhoffte Gnade Dank zu sagen. Dafür begaben sich die Jugendfußwallfahrer gestern früh auf ihren Weg: Mit der Aufforderung "Lasst uns nun gehen, gestärkt für unseren Weg" verabschiedet Jugendpfarrer Wolfgang de Jong den Wallfahrerzug aus der Basilika auf die 85 Kilometer lange Wegstrecke der Hoffnung.
Sind Sie schon einmal eine Brücke hochgeklettert? Möglich ist das in Regen im Bayerischen Wald. Dort gibt es eine zugelassene Kletterstrecke an einem Brückenbogen. Oben die Autos. Unten die Kletterer. 10 Meter, 15 Meter, 20 Meter - Profis sagen: das kann man schaffen. Ungeübte haben ziemlichen Respekt vor der atemberaubenden Höhe. Meine Konfirmandinnen und Konfirmanden, die waren da, an dieser Brücke. Manche haben es ziemlich weit geschafft, höher als sie vorher dachten. Das finde ich klasse. Andere haben gesagt: "Nein, das ist nichts für mich". Jugendfußwallfahrer starten Richtung Altötting - Osterhofen. Das finde ich mutig. Vor einer großen Gruppe "nein" zusagen ist nämlich nicht einfach. Großartig finde ich, dass die anderen in diesem Moment nicht ausgelacht haben. Die jungen Leute sind weiter als Erwachsene manchmal denken. Und haben mir wieder ein Beispiel gegeben. Andere sehen, wie sie sind- mutig oder auch ängstlich. Sie haben sich gegenseitig respektiert in ihren unterschiedlichen Gefühlen. Offen gestanden: Von diesem Respekt wünsche ich mir in Zeiten wie diesen an anderen Stellen noch mehr.
Oder um noch einmal Clemens Bittlinger mit einem seiner bekanntesten Lieder zu zitieren: Wir wollen aufstehn, aufeinander zugehn, voneinander lernen, miteinander umzugehn. Aufstehn, aufeinander zugehn und uns nicht entfernen, wenn wir etwas nicht verstehn. Das schrieb er bereits 1996. Wäre kein schlechtes Motto für Deutschland 2022, oder? Rudi Rupp Evang. Dekan am bayerischen Untermain