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Männliche Perspektive: "Der Ursprung der Welt" von Gustave Courbet Foto: SEBASTIEN BOZON/ AFP Eine neue Ausstellung in der Potsdamer Villa Schöningen will genau diese Perspektive umdrehen: Unter dem Titel "Nude" sind auf zwei Stockwerken nackte Frauenkörper in den Werken von Künstlerinnen zu sehen. Vom 17. Jahrhundert bis heute. Darunter ein Frauenkörper der Malerin Paula Modersohn-Becker: ruhige Porträts der frühen Künstlerinnenszene. Akt weibel mit scham 2019. Aber auch provokative Installationen wie der Fotografin Cindy Sherman: Auf ihren Bildern setzte sie sich oft mit Perücken und Makeup in bewusst überzogenen Frauenposen in Szene. Alle Werke stammen aus der Privatsammlung von Mathias Döpfner, Springer-Vorstandschef. Der weibliche Körper gehöre seit Jahrhunderten zu den beliebtesten Motiven in der Kunst, "eigentlich seit der Venus von Willendorf vor 25. 000 Jahren", sagt Döpfner bei einem Gespräch mit SPIEGEL ONLINE in seiner Villa. In der Ausstellung gehe es um den "weiblichen Blick auf das Thema Nacktheit".
Wahrscheinlich weiß er einfach zu wenig über das geheimnisvolle Ding da unten. In einem Frauenblogeintrag zu diesem Thema flog ein heimlicher männlicher Schreiber jedenfalls jüngst auf, als er in leidenschaftlichster Technikbeschreibung von der abwechselnden Stimulation "des Kitzlers und der Klitoris" schwärmte. Stockfotos Schamhaar Bilder, Stockfotografie Schamhaar - lizenzfreie Fotos | Depositphotos. "Du Idiot", bloggten und blafften die aufgescheuchten Damen im Netz zurück. "Für wie blöd hältst du uns eigentlich!? ".
Selbstbefriedigung von Frauen war lange ein heikles Thema, nur verschämt diskutiert - bis die Literatur sich der weiblichen Sexualität annahm. Aktuelle Gallionsfigur, aber nicht Pionierin des weiblichen Tabubruchs: Charlotte Roche. Bild: dpa Die 18-jährige, als hysterisch diagnostizierte Patientin Th., notierte der Arzt penibel, habe bei der verschriebenen Stimulation "Oui! Oui! " ausgerufen. Des Weiteren habe sie ihren Kopf hin und her geworfen, "bis ihr Körper sich für ein paar Sekunden wie ein Bogen spannte". "La vulve", bemerkt er weiter, "est humide", und wer es, wie der Arzt Désiré Magloire Bourneville trotz seiner pingeligen Beobachtung im Jahr 1878, immer noch nicht mitgekriegt hat: Die Frau hatte einen Orgasmus. Akt weibel mit scham meaning. Und das ganz ohne ehelichen Verkehr. Bis in die 70er-Jahre des letzten Jahrhunderts galt Selbstbefriedigung als krankheitserregend oder zumindest sozial stark umstritten. In den Jahrhunderten davor spielte sie, wie es der Historiker Thomas W. Laqueur in seinem kürzlich auf Deutsch erschienenen Buch "Die einsame Lust - Kulturgeschichte der Selbstbefriedigung" beschreibt, erstaunlicherweise lange Zeit eher eine gemütlich-akzeptierte Nebenrolle: Der Forscher datiert den Anfang der modernen Masturbationsgeschichte, den "Urtext der Literatur über Selbstbefriedigung" auf ungefähr 1718.
Vor allem die Autorinnen aus den USA und England bedienen dabei bewusst Sex- und Pärchen-Klischees, erzählen von geilen Männer und Frauen, die beim besonders starken Orgasmus Heiratsanträge machen, von seidenweichen Locken, dunkel vor Verlangen schwelenden Augen, Balsam der Lust und pulsierenden Schwänzen. Aber warum sollte man auch von Büchern, die als Wichsvorlagen funktionieren, Literatur erwarten? Schließlich unterscheidet man im Filmbereich ja schon lange zwischen (Soft-)Pornos und anderen Filmen, und über die fehlende oder komplett hirnverbrannte Handlung in "Arschparade III" regt sich nur auf, wer nicht davor masturbieren, sondern eigentlich ins Kino wollte. Akt weibel mit scham de. Vielleicht muss man die streckenweise dürftig geschriebenen und langweiligen, aber durchaus intentionalen Romane also einfach als Zeichen dafür sehen, wie selbstverständlich sich Selbstbefriedigung auch bei Frauen inzwischen mit dem Leben mischt. "Es soll schon möglich sein, die Bücher zum Onanieren zu nutzen", sagt Hirte, die ihre Magisterarbeit in Europäischer Ethnologie über "Frauen und Selbstbefriedigung" geschrieben hat.
Der Ursprung der Welt - geht es nach einem Bild des französischen Malers Gustave Courbet, dann liegt er zwischen zwei Schamlippen. Seit er das gleichnamige Aktgemälde 1866 fertigstellte, löst es verlegene Reaktionen bis hin zur Empörung aus. Jacques Lacan, jahrelanger Besitzer des Gemäldes, versteckte es bis zu seinem Tod 1981 hinter einem anderen Bild. 2018 wurde es zum Justizfall, nachdem Facebook das Bild samt Nutzerprofil des Postenden löschte. Darstellungen von nackten Frauen sind eigentlich keine Seltenheit in der Kunstgeschichte. Lucas Cranach malte die nackte Eva. Rubens malte die nackte Venus. Trotzdem schien mit dem Gemälde 1866 etwas anders zu sein. Die gespreizten Beinen auf dem Bild führen direkt ins Zentrum der Scham: die behaarte Vulva, fast lebensgroß. Das Gesicht der Frau ist nicht zu sehen. Ihre Person ist reduziert auf die Geschlechtsteile. Die Frau wird scheinbar zum Objekt. Zum still(gelegten) Leben, das die Lust bloßstellt. Und damit vor allem eine Perspektive: die männliche.