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damit Kain sagt damit er es sagen kann Ich bin dein Hüter Bruder wie sollte ich nicht dein Hüter sein Täglich steh auf damit wir es vor uns haben dies Ja ich bin hier ich dein Bruder Damit die Kinder Abels sich nicht mehr fürchten weil Kain nicht Kain wird . Fotos Hilde Domin Übersicht
Das heißt, immer wieder neu anfangen. Warum ist mir dieses Gedicht so wichtig? In der Erzählung von Kain und Abel in der Bibel – Kain erschlägt seinen Bruder Abel – soll Gewalt nicht das letzte Wort sein. Die Geschichte ermahnt mich zu begreifen: wer tötet, tötet seinen Bruder, tötet seine Schwester. Dieser Aufruf, es anders zu machen als Kain ist Hilde Domins eigene Erfahrung: "Abel steh auf / es muss neu gespielt werden. " Das heißt: Verlier den Glauben an den Mitmenschen nicht, sei du deines Bruders Hüter, sei du nicht sein Täter. Leb keine Gewalt, sondern brüderliches und schwesterliches Miteinander. Nur dann besteht die Hoffnung, dass "es anders anfängt zwischen uns allen". "Nicht müde werden" heißt immer wieder neu damit anzufangen
Zwei Geschichten, in denen von brutaler Gewalt, der ein Mensch zum Opfer fällt, berichtet wird, bestimmen diesen Sonntag im Kirchenjahr. Der Predigttext aus dem AT ist die uralte Erzählung von Abel, den sein Bruder Kain aus Missgunst und Überheblichkeit erschlägt. Im Sonntagsevangelium ist dann die Rede von einem Mann, der zwischen Jerusalem und Jericho unter die Räuber fällt und halbtot am Weg liegen bleibt. Nur zwei Episoden aus einer unendlichen Geschichte von Hass und Gewalt, Brutalität und Vergeltung – einer Geschichte, die ganze Völker immer wieder in Angst und Schrecken versetzt, die uns alle nicht zur Ruhe kommen lässt? Nein, es sind keine Episoden, die man dann auch getrost vergessen könnte. Es sind vielmehr symbolische Geschichten, die einen großen Bogen vom nicht wieder gutzumachenden Anfang bis zu einer Hoffnung auf Veränderung schlagen wollen. Am Anfang steht Kain mit seiner Tat und mit seiner scheinheilig-egoistischen Frage: Soll ich meines Bruders Hüter sein? Abel steh auf, damit es anders anfängt zwischen uns allen – ein Wunsch, der die erste Gewalttat revidieren und unsere Geschichte von Anfang an verändern möchte.
Die Frage an Kain: Wo ist dein Bruder? wird uns so noch einmal in letzter Dringlichkeit gestellt. Und dann kann die Antwort nicht noch einmal lauten: Wir wissen es nicht. Darum: Der Glaube an Auferstehung beruhigt, beschwichtigt und beschönigt nichts. er steht gegen das Verschweigen, das Vergessen, das gespielte Nichtwissen. Auferstehung ruft erst recht in die Verantwortung für das eigene Tun und Lassen. "Abel steh auf, damit es anders anfängt zwischen uns allen. " Wird Abel, werden die Opfer aufstehen, auferstehen? Werden die Opfer der Vernichtungslager aufstehen, die Millionen Toten der Kriege und Gewalttaten, die Toten des World Trade Centers, die Opfer der feigen Selbstmordanschläge in Jerusalem, die Toten von Ramallah und Tulkarem? Werden sie aufstehen? Und wenn sie aufstehen, auferstehen, wenn sie ihr Schweigen verlassen, was werden sie sagen? Welche Botschaft haben sie für die Täter?
Man muss nicht mit allen Ausformungen christlicher Lebensschutzinitativen übereinstimmen, um sich für ungewollte Menschenleben einzusetzen. Schon ganz und gar unpassend finde ich die unanständigen Aufrufe und Aktionen mancher linker Gruppen, die sich dem Wunsch nach dem Schutz menschlichen Lebens entgegenstellen. Während sich also in diesen Stunden wieder viele Demonstranten und Gegendemonstranten in Berlin einfinden, um beim " Marsch für das Leben " vornehmlich für oder gegen Abtreibung (aber auch zu anderen Lebensschutzthemen) zu demonstrieren, finde ich im trauten Kreis der Familie eines meiner Lieblingsgedichte, das zu diesem Marsch passt. Verlust des Menschen. Müllrose, 2017. Es ist geschrieben von der Namensgeberin dieses Blogs, Hilde Domin, und handelt von der tragischen Unumkehrbarkeit des ersten gewaltsamen Todes, des Todes von Abel durch die Hand seines Bruders Kain. Und es handelt von der Hoffnung auf einen Neuanfang, vom Aufstehen gegen den Tod.
Zu Besuch - Lyrikerin Hilde Domin suchte Halt in Gedichten 11. 9. 2021 Renate Schellenberg Lesedauer: 1 MIN Renate und Werner Schellenberg mit Hilde Domin (M. ). Diese Aufnahme aus dem Jahr 2006 entstand im Palais Hirsch in Schwetzingen bei einem Auftritt der Dichterin, die kurz danach in Heidelberg verstarb. © Lenhardt Am 11. September 2001 besuchte ich Hilde Domin* in Heidelberg. Völlig ahnungslos betrat ich ihre Wohnung am Grainbergweg und traf sie in großer Aufregung am Fernseher. Was ich da zu sehen bekam, sah im ersten Moment für mich so unrealistisch aus, dass ich einen Aktionfilm vermutete. Es dauerte einige Zeit bis ich dieses schreckliche Geschehen am World Trade Center in New York als Realität...
Die schlagen ihn, ziehen ihn aus und lassen ihn halbtot liegen. Dann ist von diesen Tätern nicht mehr die Rede. Unser spontaner und ganz menschlicher Wunsch nach einem Eingreifen von Ordnungskräften, nach Verhaftung und gerechter Strafe, wird in diesem Gleichnis ignoriert. Die Räuber verschwinden in der Anonymität, aus der sie so plötzlich aufgetaucht sind. Offenbar geht es Jesus nicht um die Täter, sondern um die, die auf die Tat und das unschuldige Opfer zukommen. Der Priester und der Levit, offizielle Vertreter der Religion, rechtschaffene, geachtete und sicher auch fromme Menschen sehen das Opfer und sehen weg. Warum? Wir wissen es nicht. Jesus sagt es auch nicht. Wir wissen nur: Beide sind "Gottesdiener", vertraut mit der Ordnung und Liturgie des Gottesdienstes. Beide kennen Gottes Gebote und sind auch mit ihrer Auslegung vertraut. Aber sie sehen weg – aus Angst, dass auch sie an dieser gefährlichen Straße zu Opfern brutaler Gewalt werden könnten? Vielleicht! Aus Gleichgültigkeit, weil sie Anderes und ihrer Meinung nach Wichtigeres zu bedenken haben?