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[9] [... ] [1] Hahn, Ulla: Stimmen im Kanon. Deutsche Gedichte. Stuttgart 2003. Im Folgenden zitiert als "Hahn 2003". [2] Anfang des zweiten Sonnets unter dem Titel: Was ist es an der Zeit? Zitiert aus Staiger, Emil: Die Zeit als Einbildungskraft des Dichters. Untersuchungen zu Gedichten von Brentano, Goethe und Keller. Zürich 19633, S. 167. [3] Höllerer, Walter: Gottfried Keller: Die Zeit geht nicht. In: Höllerer, Walter: Zurufe, Widerspiele. Aufsätze zu Dichtern und Gedichten. Berlin 1992, S. 82-100, S. 84. Im Folgenden zitiert als "Höllerer 1992". [4] Tismar, Jens: Zeit im Gedicht. Über Keller, Celan und Bobrowski. In: N. Miller, V. Klotz, M. Krüger (Hrsg. ): Bausteine zu einer Poetik der Moderne. Festschrift für Walter Höllerer. München, Wien 1987, S. 409-417, S. 410. Im Folgenden zitiert als "Tismar 1987". [5] Nürnberger, Helmut: Ein Liebesbrief. In: Frankfurter Anthologie (25), Frankfurt am Main. Leipzig 2002, S. 73-78, S. 75. Im Folgenden zitiert als "Nürnberger 2002". [6] Höllerer 1992, S. 92.
Die Zeit geht nicht, sie stehet still… Text (dort Nr. 144, späte Fassung) (in: Neuere Gedichte, dort Nr. 82: Aus dem Leben, II., frühe Fassung) (beide Fassungen) (konfrontiert mit G. Eich: Augenblick im Juni; an anderer Stelle konfrontiert mit Opitz: Ach Liebste, lass uns eilen) Wenn man sieht, in welchen Zusammenhängen auf dieses Gedicht zurückgegriffen wird, wird man auf die philosophisch-weltanschauliche Bedeutung des Themas "Zeit" verwiesen. Es gibt eine ältere des 1849 entstandenen Gedichts Fassung in "Neuere Gedichte" sowie eine späte, geringfügig überarbeitete; wir halten uns an die zweite Fassung, die 1888 veröffentlicht wurde. Ein lyrisches Ich spricht von "Wir" (V. 2, 4), spricht "ihr" an (V. 7), spricht über "Jeder" (V. 14, 16), wendet sich zum Schluss "An dich, du wunderbare Welt" (V. 17), und legt sein persönliches Ich-Bekenntnis ab (V. 19, 21, 23): eine Mischung aus Gedankenlyrik und Bekenntnis. Die Strophen bestehen aus zwei Verspaaren zu vier und drei Jamben, wobei sich die kürzeren Verse reimen; manchmal bilden die Verspaare einen Satz (Str.
Inzwischen weiß man nicht nur, dass die gefühlte Zeit anderen Gesetzen folgt als die messbare, man weiß auch, warum das so ist. So scheint etwa insbesondere im Alter zwischen 40 und 60 Jahren die Zeit nur so dahinzurasen, wie der Psychologe Marc Wittmann vom Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene in Freiburg herausfand, als er 500 Deutsche und Österreicher zu ihrem Zeitgefühl im jeweiligen Lebensabschnitt befragte. Je älter seine Probanden waren, desto kürzer erschienen ihnen die vergangenen zehn Jahre ihres Lebens. Erst mit dem Rentenalter, ab etwa 60 Jahren, verlangsamte sich die gefühlte Zeit für die Teilnehmer wieder. Im immer gleichbleibenden Alltagsbrei zwischen Jobroutine und Familienroutine heben sich nur wenige Ereignisse hervor, an die wir uns im Rückblick erinnern können, so Wittmans Interpretation. Je mehr Erinnerungen, vor allem schöne, da aber hochsteigen, umso erfüllter und länger erscheint ein Zeitraum im Rückblick. Das liegt daran, dass aus dem Meer an vergangenen Erlebnissen herausragende Erinnerungen als Zeitmarker dienen.
Das Phänomen, warum Zeit in unseren Augen mal langsam und mal schnell vergeht, interessierte ihn immer noch. Und so begann er, sich damit näher zu beschäftigen. Schließlich schrieb er ein Buch darüber. Quelle: Getty Images/WIN-Initiative RM Heute ist er der Überzeugung, dass es verschiedene Faktoren gibt, die unsere Zeitwahrnehmung fundamental beeinflussen Da wäre unter anderem die Menge an neuen Informationen, die wir aufnehmen. Ein Beispiel: Erinnerst du dich an deine letzte Reise in ein Land, das dir bis zu diesem Moment unbekannt war? Vermutlich kam dir die Zeit dort deutlich länger vor als bei einer vergleichbaren Periode im Alltag. Steve Taylor erklärt das so: Je mehr neue Informationen wir aufnehmen, desto langsamer vergeht die Zeit Das erklärt auch, warum sie für Erwachsene schneller verstreicht als für Kinder: Das erste Mal, das wir etwas erleben, ist immer intensiv. Danach kommt es uns bekannt vor. Kinder erleben Vieles zum ersten Mal, während Erwachsenen das Allermeiste bereits vertraut ist.
Sie sind Referenzpunkte, um die objektiv vergangene Zeit zu strukturieren. Je mehr dieser Anker es gibt, desto länger, weil gefüllter, erscheint die verstrichene Zeit, und desto mehr Raum nimmt sie in der Erinnerung ein. Das Gehirn will Neues und Emotionales So kommt es, dass der letzte Urlaub im Rückblick oft länger erscheint als die vielen Arbeitswochen davor, an denen man Tag für Tag dieselben Wege ging, dieselben Menschen traf und sich denselben Aufgaben widmete. Das Paradoxe daran: Je schöner ein Erlebnis war und je länger es rückblickend erscheint, desto schneller verging die Zeit, als es tatsächlich passierte. Denn das Gehirn interessiert sich vor allem für Neues und Aufregendes. Es ist deshalb im Urlaub sehr beschäftigt damit, die vielen unbekannten Eindrücke zu verarbeiten und sie sich zu merken. Eine andere Sprache, anderes Essen, andere Tagesabläufe, dafür stellt das Gehirn die maximale Aufmerksamkeit bereit. Und Aufmerksamkeit, das konnten etwa Isabell Winkler und Peter Sedlmeier von der Technischen Universität in Chemnitz in Experimenten zeigen, lässt die Zeit besonders schnell verfliegen.
Im Verb "zerrinnt" (V. 8) klingt das Bild der fließenden Zeit an, das auch im "Strom" (V. 16) präsent ist und das wir nicht nur aus Goethes "Dauer im Wechsel" kennen; hier sieht man, dass Kellers Bilder unserer Erfahrung nicht ganz gerecht werden und durch das alte Bild der verfließenden Zeit ergänzt werden müssen (vgl. dagegen Kants Spruch: "Die Zeit ist in uns und wir sind in der Zeit. ") In der 3. Strophe wird die Konsequenz daraus gezogen – bzw. zur Bestätigung auf die Erfahrung zurückgegriffen, dass an einem Tag die Fülle des Lebens erlebt werden kann, wogegen viel Zeit oft nichts ist. "Ein" (V. 11) ist gegen den Takt betont. – Wenn man auf die Reime achtet, sieht man, wie sie Sätze sinnvoll aneinander binden: V. 2/4 die durchziehenden Pilger; V. 6/8 der Kontrast Gestalt gewinnen / zerrinnen; V. 10/12 etwas gewundener der Kontrast "Strahl des Sonnenlichts" / nichts. In der 4. Strophe wird ein neues Bild der Zeit gezeichnet: Das weiße Pergament, das ein jeder selber beschreibt "Mit seinem roten Blut" (V. 15), also im Vollzug seines Lebens; hier empfinde ich den abschließenden Vers (V. 16) bildmäßig als Störung – beim Beschreiben des Pergaments ist kein Platz für einen Strom, und die Zeit steht schließlich nur still (V. 1) – die traditionelle Vorstellung von der strömenden Zeit wird also eigentlich abgelehnt.
Und je nachdem, wie man sich ein Ereignis in der Zukunft vorstelle, könne das motivieren oder demotivieren. Optimisten ergeht es dabei übrigens schlechter als Pessimisten, wie ein kanadisches Forscherteam von der Brock University herausfand. Da Optimisten auch die Gegenwart positiv einschätzen, ist eine ebenso positive Zukunft gar nicht so motivierend. Schafft man es aber, einem grummeligen Pessimisten die Zukunft rosig zu malen, dann setzt er gern mal Himmel und Hölle in Bewegung, um dorthin zu kommen. Das persönliche Zeitempfinden kann aber auch dem Selbstschutz dienen, wie Peetz herausfand. Menschen verlagern demnach schuldauslösende Ereignisse weiter in die Vergangenheit, um sich davon abzuschirmen. Erinnert man etwa Deutsche an den Holocaust, dann markieren sie diese Zeit auf einem Zeitstrahl deutlich weiter in der Vergangenheit als Kanadier. Das lindert das Schuldgefühl, das den Deutschen mehr zu schaffen macht als den Kanadiern. Etwas zeitlich weiter von sich wegzuschieben hilft also dabei, es abzuschließen.
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