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Oft werde ich gefragt, welche Bücher von Edgar Hilsenrath ich empfehlen kann. Ganz klar: Alle! Edgar Hilsenrath: Moskauer Orgasmus Aber der Ghetto-Roman › Nacht ‹ ist für mich Hilsenraths wichtigstes Werk, dass ich in der Schule zur Pflichtlektüre machen würde. Die Groteske › Der Nazi & der Friseur ‹ ist zu Recht sein erfolgreichster Roman, bei dem einem das Lachen im Halse stecken bleibt. Der poetischste Roman Edgar Hilsenraths ist › Das Märchen vom letzten Gedanken ‹. Mit großer Leichtigkeit werden wir von einem Märchenerzähler in die Zeit des Völkermords an den Armeniern entführt. Aber mein Lieblingsbuch ist › Jossel Wassermanns Heimkehr ‹, in dem der wunderbar verschmitzte Humor Hilsenraths so richtig zur Geltung kommt – eine Liebeserklärung an das Schtetl und den Ort Serit in der Bukowina, in dem Edgar Hilsenrath die schönsten drei Jahre seiner Jugend verbrachte, bevor er mit seiner Familie ins Ghetto deportiert wurde. Am 2. April 2011 wird Edgar Hilsenrath 85 Jahre alt. Als Geburtstagsgeschenk wünsche ich ihm viele neue und besonders junge Leser.
Am kommenden Dienstag, dem 5. März 2019, veranstaltet Katja Riemann, eine der erfolgreichsten Schauspielerinnen in Deutschland, im Rahmen des Kurt Weill Fests eine Lesung mit musikalischer Begleitung aus Edgar Hilsenraths Das Märchen vom letzten Gedanken. Dienstag | 05. 03. 2019 20:00 Uhr, Konzert im Anhaltischen Theater Dessau Das Märchen vom letzten Gedanken Katja Riemanns literarisch-musikalische Begegnung mit Edgar Hilsenrath und Kurt Weill Lesung und Konzept: Katja Riemann Klavier: Guillaume de Chassy Visuals: Paula Riemann Katja Riemann gehört zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen ihrer Generation. In ihrem Programm für das Kurt Weill Fest rückt sie neben Kurt Weill einen bedeutenden deutschen jüdischen Schriftsteller in den Fokus des Abends: Edgar Hilsenrath. 1926 geboren und in Halle (Saale) aufgewachsen, floh Hilsenrath 1938 nach Rumänien, wurde in ein Ghetto verschleppt und gelangte befreit nach Palästina und New York. Seit 1975 lebt er wieder in Deutschland. Werke wie Nacht oder Der Nazi & der Friseur umkreisen die grausamen Erlebnisse des Ghettos, Das Märchen vom letzten Gedanken rechnet mit dem Völkermord an den Armeniern ab.
Als Franz Werfel vom Schicksal armenischer Weisenkinder nach dem ersten Völkermord des vergangenen Jahrhunderts erfuhr, schrieb er seinen weltbekannten Roman "Die vierzig Tage des Musa Dagh". Das Aufstreben und die Etablierung des Nationalsozialismus in Deutschland führte zu der Diskussion im internationalen PEN-Club ob es ein Buch gegen Hitler und die Diktatur in Deutschland sei. Weit gefehlt! Es ging auch Werfel um den ersten Völkermord des 20. Jahrhunderts. Edgar Hilsenraths Buch "Das Märchen vom letzten Gedanken" erschien 1989 und befasst sich mit demselben Thema, dem Massenmord an den Armeniern in der Türkei, rückt aber nicht den Widerstand sondern die Menschenverachtung, das Barbarische in den Blick. Hilsenraths Buch spannt einen großen Bogen von der Historie des Volkes der Armenier, die das Christentum als erstes Volk im 4. Jh. zur Staatsreligion erklärten, macht die Chancen und Probleme in der Geschichte des Zusammenlebens von Menschen unterschiedlicher Religion deutlich und entzaubert die perfiden Pläne und ihre Ausführung, der Ausrottung der armenischen Bevölkerung durch die Türken.
Katja Riemann gehört zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen ihrer Generation. Edgar Hilsenrath, 1926 geboren und in Halle (Saale) aufgewachsen, floh 1938 nach Rumänien, wurde in ein Ghetto verschleppt und gelangte befreit nach Palästina und New York. Seit 1975 lebte er bis zu seinem Tod wieder in Deutschland. "Ich hatte die große Ehre, Edgar Hilsenrath zu treffen, bevor er am 30. 12. 2018 starb, 92jährig. Er aß Erdbeereis, ich trank Pfefferminztee, wir haben uns voll die Kante gegeben… Ich widme ihm diesen Abend und hätte gewünscht, er hätte ihn noch gesehen. " Katja Riemann Für Das Märchen vom letzten Gedanken, sein berühmtes Werk über den Völkermord an den ArmenierInnen im Jahre 1915 erhielt Edgar Hilsenrath zahlreiche Auszeichnungen.
Kontrapunktisch setzt Hilsenrath diesem letzten, damit großen mythischen Gedanken, der Erzählung des Genozids, die Vitalität des Überlebens in der Schilderung der primitiv scheinenden intimen Beziehungen der Menschen entgegen, auch dies als ein das Buch durchziehendes, die Spannung steigerndes Erzählelement. Nun ist aktuell die Diskussion um die Wiedereinführung der Todesstrafe in der Türkei entbrannt. Geschichte scheint sich zu wiederholen. Wird es einen "neuen letzten Gedanken" in der Türkei in naher Zukunft geben? Die jüngsten Ereignisse in der Türkei bis hin zur Einmischung in die hiesige Politik nach der Deklaration des Bundestages, mit der die Ereignisse von 1915 in der Türkei als das bezeichnet wurden, was sie sind, ein Völkermord, lassen Schlimmes befürchten. Das Buch, veröffentlicht im Jahr vor der deutschen Einheit, scheint aktueller den je. Von mir gibt es dafür eine unbedingte Leseempfehlung.