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Veröffentlicht am 12. 01. 2014 | Lesedauer: 4 Minuten Am Residenztheater München inszeniert Amélie Niermeyer Shakespeares "Was ihr wollt" S o unsicher die Lebensdaten William Shakespeares (wahrscheinlich 1564–1616) sind, so zweifelhaft ist auch die Urheberschaft der zahllosen Stücke des Theater-Genies aus Stratford-upon-Avon. Dem "Landlümmel aus dem Drecksnest Stratford", wie Großkritiker Alfred Kerr ihn einst etikettierte, jedenfalls trauen viele das Mammutwerk aus geistreichen Komödien und tiefsinnigen Tragödien nicht zu. Die einen glauben, sein Kollege Christopher Marlowe habe die unzähligen Dramen verfasst, andere wiederum sehen den gelehrten Francis Bacon als Schöpfer. Egal, wer auch immer sich die bühnentauglichen Charaktere, die verschachtelten Konflikte, die komplizierten Plots ausdachte – noch immer gehört Shakespeare zu den weltweit am häufigsten inszenierten Schriftstellern. Kein Theater, das nicht eines der großen Königsdramen oder eines seiner leichten Lustspiele im Spielplan hat.
"Ich hätte große Lust, Regie zu führen" - Theater - › Kultur Münchner Residenztheater Am Münchner Residenztheater wird Markus Hering derzeit als Malvolio in Shakespeares "Was ihr wollt" umjubelt. In Wien wird er am Freitag als "Schauspieler des Jahres" ausgezeichnet hering419 STANDARD: Ö1 zeichnet Sie als "Schauspieler des Jahres" aus - für ein bestimmtes Projekt? Sie entscheiden darüber, wie Sie unsere Inhalte nutzen wollen. Ihr Gerät erlaubt uns derzeit leider nicht, die entsprechenden Optionen anzuzeigen. Bitte deaktivieren Sie sämtliche Hard- und Software-Komponenten, die in der Lage sind Teile unserer Website zu blockieren. Z. B. Browser-AddOns wie Adblocker oder auch netzwerktechnische Filter. Sie haben ein PUR-Abo?
Nicht kampflos fröhlich am Ende Doch auf der Bühne wird er bloß benutzt, auch gebraucht und (darum? ) viel gescholten. Geliebt wird zum Beispiel Olivia. Vom Herzog Orsino vor allem, den wiederum die als Caesario verkleidete Viola liebt, die in Orsinos Auftrag Olivias Herz erweichen soll, was trefflich gelingt. Nur eben nicht im Sinne des Erfinders: Die stolze Gräfin verfällt dem androgynen "Mann" im Nu. Da ist es nur gut, dass Violas Zwillingsbruder Sebastian ihr zum Verwechseln ähnelt und das Auge in der Liebe so gerne führt. Was bei Shakespeare mit einem doppelten Glück endet, bleibt im Residenztheater etwas vager. Das Schlussbild dominieren die wiedervereinten Geschwister, und die beiden Lager, die sich in der letzten Aufführungsviertelstunde um diese gruppiert haben, verlaufen sich zum Bühnenhintergrund hin. "Was Ihr wollt" am Residenztheater: vorne Ian Fisher, hinten v. l. Arnulf Schumacher, Barbara Melzl, Juliane Köhler, Wolfram Rupperti, Alfred Kleinheinz © Thomas Dashuber Vieles wäre danach möglich, eine Auflösung wie im Ursprungstext immerhin wahrscheinlich.
Damit aus diesen verwirrten Fäden aber ein echter Who-is-Who-Knäuel entsteht, setzt Shakespeare aber noch eins drauf. Denn erst mit ihrer Idee, sich als Mann maskiert am Hof Orsinos zu verdingen, bringt Viola den ganzen Schlamassel so richtig ins Rollen. Juliane Köhler spielt Viola-Cesario im gemusterten Arlecchino-Pullover wunderbar changierend zwischen abenteuerlustig und verzagt. Ihre Rolle als geschlechtsvertauschter Diener zweier Herren wächst ihr dann aber – wer sollte es ihr verdenken – bald über den Kopf. Um das Chaos perfekt zu machen, taucht zuletzt gar Violas eineiiger Zwillingsbruder Sebastian ( Wolfram Rupperti) auf. Nun geraten wirklich alle ins Schlingern und Zweifeln. Wer ist der andre, wer ist man selbst? Löst sich für die beiden Paare zuletzt alles in Wohlgefallen auf, so ist Malvolio am Ende bis auf die Knochen, oder vielmehr bis auf seine eingeschnürte Ganzkörper-Strumpfhose, blamiert. Markus Hering schafft es mit Bravour, die Verwandlung vom ergrauten, aber äußerst agilen Jüngling zum völlig überschnappenden Idioten und wieder zurück zu einem gefährlich existenziell Verwundeten plausibel zu machen.