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»Das Versprechen« erzählt vom zunehmenden Zerfall einer weißen südafrikanischen Familie, die auf einer Farm außerhalb Pretorias lebt. Die Swarts versammeln sich zur Beerdigung ihrer Mutter Rachel, die mit vierzig an Krebs stirbt. Die jüngere Generation, Anton und Amor, verabscheuen alles, wofür die Familie steht - nicht zuletzt das gescheiterte Versprechen an die schwarze Frau, die ihr ganzes Leben für sie gearbeitet hat. Nach jahrelangem Dienst wurde Salome ein eigenes Haus, eigenes Land versprochen... doch irgendwie bleibt dieses Versprechen mit jedem Jahrzehnt, das vergeht, unerfüllt. Mit großer erzählerischer Kraft und nah an den Personen schildert Damon Galgut eine Familiengeschichte, die sich über dreißig Jahre des politischen Umbruchs in Südafrika erstreckt - von der Apartheid bis hin zur Demokratie. Während sich das Land von den alten tiefen Spaltungen zu einer neuen, gerechteren Gesellschaft hin bewegt, schwebt über allem die Frage: Wie viel Verbitterung, wie viel Erneuerung, wie viel Hoffnung bleiben?
Dies gestaltet sich zunächst nicht einfach, da zum Zeitpunkt des Todes noch die perfide Apartheid-Politik herrscht und Schwarzen kein Grundbesitzt gestattet ist. Aber auch mit dem Ende der Apartheid wird es nicht einfacher und die Familie entzweit sich mehr und mehr. Ja Sir, antwortete Lexington, und einen Augenblick lang stimmen die beiden völlig überein, Südafrika bereitet ihnen beide große Sorgen, wenn auch aus verschiedenen Gründen. Das Versprechen, Seite 88 Mir hat "Das Versprechen" sehr gut gefallen. Es ist ein Roman, der nicht nur zum Nachdenken anregt sondern mich beinahe atemlos zurückgelassen hat. Dies liegt zum einen am Inhalt, zum anderen aber auch am Schreibstil. Es gibt keine Satzzeichen, die wörtliche Rede markieren und der Erzählstil wechselt Sprunghaft, genauso wie die Protagonist*innen. Bisweilen wirkt das Geschrieben wie ein Drehbuch oder der*die Leser*in wird direkt angesprochen. Das muss man mögen, für mich hat es allerdings perfekt zum Roman gepasst. Die Apartheid war einmal, wir sterben jetzt Seite an Seite, in trauter Nähe.
Irrlichternde Erzählerstimme Als dritter südafrikanischer Autor hat Damon Galgut mit seinem Roman «Das Versprechen» 2021 den britischen Booker Prize gewonnen. Der Titel bezieht sich auf das uneingelöste Versprechen der Mutter einer weißen Familie, die auf dem Totenbett ihrem Mann das Versprechen abgenommen hat, ihrer farbigen Dienstbotin die baufällige Hütte auf dem Farmgelände zu übereignen, in der sie wohnt. Im vorangestellten Motto wird Federico Fellini mit einer Anekdote zitiert, der von einer ziemlich überdreht auftretenden Frau gefragt worden sei: «Warum gibt es in ihren Filmen nicht einen einzigen normalen Menschen? » Ist das als Hinweis auf die Roman-Figuren gedacht? Zeugin des Versprechens war Amor, die jüngste, damals 13jährige Tochter des Ehepaares Swart. In dem vierteiligen Roman ist jeweils ein Teil der Mutter, dem Vater, der ältesten Tochter und dem Sohn gewidmet. Die enden jeweils mit ihrem Tod, Ma stirbt an Krebs, Pa am Biss einer Kobra, Astrid wird ermordet und Anton erschießt sich, weil seine Farm hoffnungslos überschuldet ist.