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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01. 06. 1996 König Schwein - Bilder von der Arche Sowa Sowas Schweine sind Fatalisten. Schicksalsergeben, von Gleichmut erfüllt, steht Michael Sowas Schwein auf einem winzigen Floß, inmitten einer bedrohlich aufgewühlten See. Kein Land in Sicht. Am Horizont, dicht über den Wellen, ziehen schwere Gewitterwolken heran. Die Wogen tragen kleine Schaumkronen, Zeichen schwerer Dünung und Vorboten kommender Unwetter. Kann das Schwein den Stürmen trotzen? Der Titel, den der Maler diesem tragischen, meisterlich ausgeführten Marinestück aus dem Jahr 1982 gegeben hat, klingt zynisch angesichts der Aussichtslosigkeit der Lage: "Überfahrt" (unsere Abbildung). Sowas Schweine sind Lebenskünstler. Vom sommerlichen Bad im kühlen Weiher erfrischt, steht eine Ente auf dem gestreiften Badetuch, in einen flauschigen Bademantel gehüllt, die blaue Badehaube noch auf dem Entenschopf. Der Blick der Ente gilt dem Gefährten, der, nach schnellem Anlauf, gerade vom Badesteg abgesprungen ist und nun, ganz Körperbeherrschung, gestreckte Eleganz bis in die Hufspitzen, für einen Augenblick über dem Wasser steht, bevor er, mit dem unnachahmlich leisen Plitsch des Turmspringers, in die Fluten eintaucht.
* 1. Juli 1945 in Berlin Leben In Berlin geboren und aufgewachsen, studierte Michael Sowa Kunstpädagogik an der Berliner Hochschule der Künste. Als Kunstlehrer arbeitete er aber nur ein halbes Jahr. Dann beschloss er, sich als freischaffender Künstler selbstständig zu machen. Der Satiriker Robert Gernhardt, der damals für die Satirezeitschrift Titanic arbeitete, entdeckte Sowas Kunst in Mitte der 1980er Jahre. So wurde aus dem freien Künstler und Gelegenheitsgrafiker der Illustrator. Seitdem hat Sowa zahlreiche Buchcover und Titelblätter von Zeitschriften gestaltet und Erwachsenen- und Kinderbücher illustriert. Als er für den Film Die fabelhafte Welt der Amelie Bilder und Objekte schuf, wurde man weltweit auf ihn aufmerksam. Für den Knetmännchengestalter Nick Park kreiierte er die Landschaften und Spielorte für Wallace und Gromit. 2009 fanden in Japan Einzelausstellungen seiner Bilder in Tokio, Kyoto und Yokohama statt. Michael Sowa hat einen Sohn und arbeitet in Berlin. Werk und Stil Mit seinem Malstil übernimmt Michael Sowa die akkurate, realistische Malweise alter Meister.
Besonders in Japan geniesst Sowa nach verschiedenen großen Einzelausstellungen inzwischen außerordentliche Popularität bzw. ist einer der bekanntesten europäischen Künstler. In Deutschland sorgten u. a. die Bühnenbilder und Kostüme, die Sowa zusammen mit Vincent Callara für Mozarts "Zauberflöte" in den Aufführungen der Frankfurter Oper entwarf, für einen vieldiskutierten Publikumserfolg. Michael Sowa lebt und arbeitet in Berlin; er ist verheiratet und hat drei Kinder.
Kein Sommer läßt sich denken, der so sorglos, kein Weiher, der idyllischer wäre als der von Sowas Schwein und seiner Ente ("Köhlers Schwein", 1986). Sowas Schweine sind Ferkel. Unbekümmert, ohne das geringste Anzeichen eines schlechten Gewissens, steht Sowas Schwein in einem Suppenteller ("Suppenschwein", 1987). Es steht ganz still, die wärmende Suppe reicht bis an den Bauch, doch sprechen die Flecken auf dem Tischleinen eine andere Sprache: Hier haben wir ein Schwein, das wohl der Hafer sticht. Sogar die Serviette ist beschmutzt. Der Blick des Schweins ist frohgemut und herausfordernd. Ihr, scheint das Schwein zu denken, könnt mir gar nichts. Und es hat recht. Denn den Schweinen Michael Sowas sind wir ausgeliefert. Sie rühren uns, sie stimmen uns nachdenklich, wir zollen ihnen Bewunderung. Das Schwein ist der König der Tiere in der "Arche Sowa", einem neuen Band mit leider überwiegend bereits bekannten Bildern des Berliner Malers und Karikaturisten Michael Sowa. Die Liebhaber seiner klassischen, an Caspar David Friedrich und manche Niederländer erinnernden Landschaftsbilder, seiner luziden Seestücke und skurrilen Tierporträts, darunter auch Studien von Dackeln, Bären, Motten und niederem Getier, werden sich ein wenig grämen, denn Neues wird hier kaum geboten.
Irene Dische, Hans Magnus Enzensberger: Esterhazy – Eine Hasengeschichte. Sauerländer, 1993. Eva Heller: Das unerwartete Geschenk vom Weihnachtsmann und von Frau Glück und Herrn Liebe. Lappan, 1996. Gerhard Polt: Rafael Schmitz der Pommfritz. Kein & Aber, 1999. Axel Hacke: Ein Bär namens Sonntag. Verlag Antje Kunstmann, München 2006, ISBN 978-3-88897-432-8. Elke Heidenreich: Erika oder Der Verborgene Sinn des Lebens. Sanssouci Verlag, 2002. Axel Hacke: Der weiße Neger Wumbaba. Verlag Antje Kunstmann, München 2004, ISBN 978-3-88897-367-3. Der weiße Neger Wumbaba kehrt zurück. Verlag Antje Kunstmann, München 2007, ISBN 978-3-88897-467-0. Wumbabas Vermächtnis. Verlag Antje Kunstmann, München 2009, ISBN 978-3-88897-555-4. Joachim Ringelnatz: Geheimes Kinder-Spiel-Buch. Aufbau, 2005. Roger Willemsen: Ein Schuss, ein Schrei – das Meiste von Karl May. Kein & Aber, 2005. Axel Hacke: Pralinék. Verlag Antje Kunstmann, München 2005, ISBN 978-3-88897-406-9. Elke Heidenreich: Nurejews Hund. Sanssouci Verlag, 2004.
Im Moment stelle ich Arbeiten für eine Ausstellung in einer kleinen Galerie in Tokio zusammen. Für 2019 und 2020 ist eine größere Ausstellung geplant, die durch verschiedene Kunstmuseen Japans wandern soll. Zur diesjährigen Sommerakademie der AID Berlin wirst du gemeinsam mit Klaus Baumgart einen Kinder- und Jugendbuchkurs leiten. Habt ihr schon früher zusammengearbeitet und welche Erwartungen hast du an die Sommerakademie? Ich kenne Klaus Baumgart seit drei Jahren. Wir haben uns über einen gemeinsamen Kollegen kennengelernt und sind inzwischen auch privat befreundet. Die Sommerakademie ist unsere erste Zusammenarbeit. Der Kurs, bei dem jeder seine eigene Buchidee entwickeln kann, scheint jetzt schon sehr vielversprechend. Ich freue mich auf die vielen interessierten Teilnehmer – immerhin hat die Akademie aufgrund der großen Nachfrage bereits einen zweiten Kurs eröffnet. Dein Kunstpädagogikstudium begann Mitte der Sechziger Jahre. Dem Zug der Zeit folgend, war man weniger mit Malen und mehr mit dem Retten der Welt beschäftigt.