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Haben wir noch genügend Zeit, die Zeit anzuhalten und um unsere Freiheit und Menschlichkeit zu kämpfen. Auf dem Plan steht: Kwant gegen Kant. ) Monika Hess-Zanger hat das Stück von Philipp Löhle als eine kabarettistische Nummernrevue inszeniert. Nach jedem Gag folgt ein Blackout, der zum Nachdenken reicht und kleine Widerhaken setzt. Die mitwisser monster.fr. Die Pointen purzeln nur so von der Bühne. Das Ensemble agiert mit so großer Spielfreude, dass es eine reine Freude ist. Westfalium, 22. 19 Ein heiteres Horror-Stück hat das Publikum im Wolfgang-Borchert-Theater erlebt. Als Premiere wurde "Die Mitwisser" des 1978 geborenen Autors Phillip Löhle vorgestellt, eine anregende zeitgenössische Parabel, der sich ins Leben vieler Menschen bereits eingeschlichen hat, komisch ergründete: die Risiken einer digitalisierten Gesellschaft, in der Privates nicht mehr gehütet werden kann. ) Würde man den trefflichen kritischen Gehalt des Stücks von Philipp Löhle von seiner komödiantisch theatralischen Form loslösen, bliebe ein flammend engagierter Text darüber, welche Auswirkungen für denjenigen entstehen können, der seine Privatsphäre Internet-Konzernen zugänglich macht und naiv Assistenten nutzt, ohne zu begreifen, welchen Preis er dafür zahlt.
Theo Glass hat sich als einer der ersten einen Kwant besorgt. Also einen dieser unauffällig dienstbefl issenen Herren, die jederzeit mit Rat und Tat zur Stelle sind und bald von immer mehr Menschen genutzt werden. Theo ist Feuer und Flamme für seinen neuen Freund. Der smarte Herr K. erleichtert ihm zum Beispiel seine Arbeit als Enzyklopädist ungemein, denn er weiß einfach alles. Theos Freundin Anna ist da viel skeptischer. Für ihren Geschmack mischt sich Kwant in viel zu viele persönliche Dinge ein. Immer sitzt er freundlich dabei und hört alles mit. Erzählt er das irgendwem weiter? Jürgen Lorenzen, Schauspieler – Die Mitwisser | Welle WBT | Wolfgang Borchert Theater | NRWision. Theos Chef stellt eine ganz andere Frage: Wenn Herr Kwant das ganze Wissen bereitstellt, wozu braucht man dann noch Theo? Eine kafkaeske Vision der Digitalisierung unserer Lebenswirklichkeit, die durch einfache erzählerische Mittel die Absurdität des Alltags nicht nur aller Smartphone-Besitzer entlarvt. Der 40jährige Philipp Löhle versetzt in seiner 2018 uraufgeführten hellsichtigen Komödie die Digitalisierung in ein analoges Paralleluniversum und lässt uns in einer vollkommen "kwantifi -zierten" Welt landen, in der unsere dunklen Ahnungen über Big Data und Co.
Im Analogzustand steht das klassisch-bühnenmäßige Darstellungsmittel parat, die Verkörperung. Herr Kwant also. Einer, der alles macht, fast alles kann, fast alles weiß (außer eben, was freier Wille ist). Der IT-Inbegriff in Menschengestalt, die ihm in der Esslinger Landesbühne (WLB) Christian A. Koch verleiht – emotionslos mit robotermäßig wiederholten Verbal-Likes ("Gefällt mir! Die mitwisser monster high. "), säulenstarr, wenn er nicht gerade den Slapstick-Clown macht. Es geht ums Online-Ganze Dass überhaupt in Christof Küsters Inszenierung Statuarik – oder zumindest stationäre Schauspielbehandlung – dominiert, ist den diversen Corona-Bühnenregeln seit der ursprünglich für Anfang April geplanten Premiere geschuldet. Doch zugleich spiegeln Abstandhalten und Co. die theatralisch zu stellende Diagnose: Autismus im Cyberspace. Zumal, wenn die (körper-)sprachlichen Pointen, die Posen und Possen so präzise sitzen, so sinnfällig zünden wie beim WLB-Ensemble in Küsters Regie. Dazu gehört, wie gekonnt Markus Michalik den Theo als menschliche Gegenfigur zu Kwant aufbaut: ein selbst im Sitzen bewegter Mann, dessen Jovialität und Naivität nah an die Dunkelzonen des Verdrucksten gebaut sind.