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Anders als der Untertitel des Buches suggeriert, beginnt Wippermann seine Darstellung nicht mit dem Wirken Martin Luthers im 16. Jahrhundert. Vielmehr arbeitet er in den ersten zwei Kapiteln heraus, wie das Christentum zunächst unter Einfluss des persischen Zarathustra-Glaubens und später durch das Johannes-Evangelium des Neuen Testaments einen strengen Dualismus entwickelt habe, in dem nun alles Böse auf eine einzige Quelle zurückgeführt werde: den Teufel. Da dieser sein böses Werk nicht alleine vollziehen könne, benötige er verschiedene Helfer – die im Titel angesprochenen "Agenten des Bösen". Von Luther bis heute: Gegenspieler Gottes - Literatur - Kultur - Tagesspiegel. Die Rolle dieser Agenten ist im Verlauf der Geschichte im Wesentlichen Juden, Hexen, Freimaurern und Illuminaten zugeschrieben worden. In den folgenden Kapiteln stellt Wippermann die historisch wirkungsmächtigsten Verschwörungsideologien vor. Er schlägt einen weiten Bogen der unter anderem von den Hexenprozessen im 14. Jahrhundert über die Fabrikation der "Protokolle der Weisen von Zion" im zaristischen Russland des ausgehenden 19. Jahrhunderts bis zu den Verschwörungsideologien der Gegenwart reicht.
Wippermann wird seinem selbstgesteckten Ziel, "die Geschichte der Verschwörungsideologien zum ersten Mal umfassend" darzulegen nicht vollständig gerecht. Hierfür gibt es mehrere Gründe: Besonders gravierend fällt zunächst auf, dass ein systematischer Versuch Verschwörungsideologien sowie ihre Merkmale und Funktionen zu definieren, bei Weitem zu kurz kommt. Stattdessen versteift Wippermann sich darauf, jedes der dargestellten verschwörungsideologischen Phänomene einzig und alleine auf den Teufelsglauben zurückzuführen. Dies wirkt besonders an solchen Stellen arg konstruiert, wo er zum Ende der Darstellung der nationalsozialistischen Verschwörungsideologie ein einzelnes Zitat zur Stützung seiner Kernthese anführt (S. Agenten des bösen verschwörungstheorien von luther bis haute montagne. 93), um den Bezug zum Teufelsglauben wiederherzustellen. Zudem muss er sich den Vorwurf gefallen lassen, mit der Rückführung jeder Verschwörungsideologie auf den Diabolismus selber eine unterkomplexe und monokausale Lesart eines so komplexen Phänomens anzubieten. Dabei wäre eine Untersuchung, die sich bemüht Verschwörungsideologie als Folge des christlichen Monotheismus zu erklären, durchaus interessant, wenn sie auch möglicherweise dem Vorwurf des Eurozentrismus ausgesetzt bliebe.
Für die Geschichtswissenschaft stellen Verschwörungstheorien eine Herausforderung dar, die bisher nur selten angenommen wurde. Auch wenn die Kernaussagen verschwörungstheoretischer Welterklärungsmodelle sich als banal darstellen, gestalten sich ihre Wirkungsmechanismen erstaunlich kompliziert. [1] Wolfgang Wippermann, der als Professor für Neuere Geschichte an der Freien Universität Berlin lehrt, unternimmt nun mit seiner Monografie den Versuch, "die Geschichte der Verschwörungsideologien zum ersten Mal umfassend" darzulegen (S. Agenten des bösen verschwörungstheorien von luther bis heute en. 8). Hierfür distanziert er sich zunächst vom Begriff der "Verschwörungstheorien", indem er darauf verweist, dass diese immer ein ideologischer Charakter auszeichne. Verschwörungstheorien stellen somit ein geschlossenes Welterklärungsmodell dar, welches am besten als "Verschwörungsideologie" zu bezeichnen sei. Seine im Folgenden entfaltete Kernthese lautet kurz und knapp, der christliche Teufelsglaube und damit der dem Neuen Testament zugrunde liegende Dualismus zwischen Gott und Satan – zwischen Gut und Böse – sei Ursprung jeder Verschwörungsideologie von "Luther bis heute".