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Schirachs Justizdrama "Terror": Im Kölner Theater stimmt das Publikum für schuldig 07. 11. 16, 11:58 Uhr Köln - Für Franziska Meiser (31), verheiratet, von Beruf Krankenschwester, Mutter einer siebenjährigen Tochter, wohnhaft in München, ist es ein ganz normaler Tag. Ihr Mann ist morgens zu einer Besprechung nach Berlin geflogen. Abends erwartet sie ihn am Flughafen. Angeblich verspätet sich die Maschine. Dann erhält sie eine SMS: "Terroristen haben uns entführt. Wir versuchen, ins Cockpit zu kommen. Habe bitte keine Angst - wir schaffen das. Ich liebe dich! " Franziska Meisers Mann und 163 andere Menschen haben es nicht geschafft. Die Anklage lautet auf Mord Die Verfilmung von "Terror", des ersten Theaterstücks des Strafrechtlers und Schriftstellers Ferdinand von Schirach, hat am 17. Oktober bundesweit Furore gemacht. Die ARD zeigte die (fiktive) Geschichte des Prozesses, der Lars Koch, einem Major der Bundeswehr, gemacht wird. Weil der gegen ausdrücklichen Befehl eine Passagiermaschine abgeschossen hat, die, von Terroristen entführt, Kurs auf die ausverkaufte Münchner Fußballarena nahm.
Am Ende stimmen die Mitglieder des Ethikrates ab. Der Schriftsteller, Bestsellerautor und Strafverteidiger Ferdinand von Schirach inszeniert diese fiktive Verhandlung in seinem Theaterstück "Gott", das analog zu dem Stück "Terror" die Meinung des Publikums und dessen Votum über die Gewissensentscheidung mit einbezieht. Bei "Terror" ging es in einer fiktiven Gerichtsverhandlung um die Frage, ob es legitim war, dass ein Jetpilot der Bundeswehr eine in terroristischer Absicht auf die vollbesetzte Münchner Allianz-Arena zufliegende, ebenfalls vollbesetzte, entführte Passagiermaschine abschießen durfte, um eine höhere Zahl von Opfern zu verhindern. Der brisante Stoff wurde verfilmt. Am 17. Oktober 2016 lief "Terror" in der ARD. 86, 9 Prozent der Zuschauer entschieden für Freispruch für den verantwortlichen Luftwaffenmajor. Uraufführung in Berlin und Düsseldorf gleichzeitig "Gott" erlebte seine Uraufführung gleichzeitig im Berliner Ensemble und Düsseldorfer Schauspiel am 10. September 2020 und wird derzeit außerdem in Hamburg, Trier und Oldenburg gespielt.
Statistik Schirachs "Terror" das meistgespielte Stück Oldenburg / Köln Ferdinand von Schirachs (54) Drama "Terror" sorgt ein weiteres Mal für Furore: Das Gerichtsdrama belegt mit 36 Inszenierungen Platz eins der meistgezeigten Stücke auf den deutschen Theaterbühnen in der Spielzeit 2016/17. Es folgen Goethes "Faust" und Wolfgang Herrndorfs "Tschick". Dies teilte der Deutsche Bühnenverein am Donnerstag in einer Werkstatistik mit. Zahlen zur Saison 2017/18 gibt es aber noch nicht. Zumindest weiß man, dass weltweit bislang etwa 450 000 Menschen schon "Terror" gesehen haben, darunter in der Türkei und in Israel. Die Zuschauer haben dabei nicht nur zugeguckt, sondern jeweils auch abgestimmt, ob der angeklagte Luftwaffenpilot schuldig ist. Major Lars Koch, aufgestiegen mit seinem Jet in Wittmund, hat ein Passagierflugzeug abgeschossen, das Terroristen für einen Anschlag auf ein ausverkauftes Fußballstadion in München nutzen wollten. Aber darf man Leben gegen Leben aufrechnen? Auch am Oldenburgischen Staatstheater läuft das Stück seit Februar 2016 äußerst erfolgreich – zunächst lange im Großen Haus, demnächst nach der Wiederaufnahme am 13. Januar 2019 im Kleinen Haus.
Köln - Das ist kein abstraktes Problem", bricht es aus Richard Gärtner heraus, "man ist mit sich und mit dem Nichts alleine. Ich kann mir keine Welt vorstellen, in der Elisabeth nicht ist und in der ich nicht bin. " Gärtner: "Ich bin 78 Jahre alt, ich habe mein Leben gelebt. " Und weiter: "Es ist mein Leben gewesen. Ich möchte nicht, dass jetzt, am Ende, ein Priester, ein Arzt oder wer auch immer bestimmen, wie ich sterben darf. Ich will mich nicht vor einen Zug werfen oder von einem Dach springen. " Was Richard Gärtner – Architekt und seit drei Jahren Witwer – will, ist eine tödliche Dosis Natrium-Penobarbital. Darf er sie auf Verschreibung bekommen? Darf er seinem Leben ein Ende setzen, obwohl kerngesund ist, nicht unheilbar krank ist oder an Schmerzen leidet? Stück bezieht Meinung des Publikums mit ein Ein Fall für den Ethikrat, der im Leibniz-Saal der Akademie der Wissenschaften Berlin-Brandenburg zusammentritt und Ärzte, einen Theologen und einen Juristen um Stellungnahmen bittet.
Die Anklage lautet auf Mord in 164 Fällen. 70 000 Menschen haben deshalb möglicherweise überlebt. Die Zuschauer wurden dabei zu Schöffen: Schuldig? Oder nicht schuldig? Auch im ORF wurde das Stück gezeigt. Jetzt hatte "Terror" Premiere im Theater der Keller. 106 Zuschauer waren da, deren Urteil nach knapp 90 Minuten gefordert wurde. Dass es in diesem Fall - anders als bei der TV-Abstimmung (13, 1 Prozent schuldig, 86, 9 Prozent nicht schuldig) - zu einer Verurteilung Kochs kam (57 Theaterbesucher stimmten für schuldig, 49 für Freispruch) ist vor allem der grandiosen Leistung von Tatjana Polozcek als Franziska Meiser zuzurechnen. Wenn sie, nach außen scheinbar ganz mechanisch und unberührt, Sätze sagt wie: "Da waren so lange Tische aus Metall, aber alles, was ich von ihm gefunden habe, war sein linker Schuh". Und: "Unsere Tochter hat gefragt, was denn da im Sarg ist, wenn der Papi da nicht drin ist". Und: "Den Schuh hab' ich dann im Wald vergraben" - dann ruft das bei jedem, der einen Menschen hat, den er liebt, schieres Grauen hervor.