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Heute flog mir zufällig dieses Gedicht zu. Ich liebe das Leben. In einem Moment schlägt es dir beide Augen blau, sodass du nichts sehen kannst und im nächsten küsst es dein Ohr mit den süßesten Melodien. Du merkst, dass du sie vorher nicht hören konntest, weil sie zu leise waren für deinen beschäftigten Geist. Das Leben lehrt uns das Niederknien und es lehrt uns, immer wieder aufzustehen. Wenn wir genau hinhören, möchte es uns auch lehren, loszulassen, ganz im Hier und Jetzt zu sein, da zu sein, wirklich zu leben… Davon handelt auch das Gedicht "Du musst das Leben nicht verstehen". Wenn wir lernen, loszulassen, müssen wir das Leben nicht verstehen. Wir nehmen es an mit all seinen Facetten, mit seinen Glücksmomenten und seinen Trauerstunden. Wenn wir es lernen, diese Fülle anzunehmen, dann wird das Leben "werden wie ein Fest". Es wird schön und freudig und wild. Wir fühlen uns lebendig. Doch dieses lebendig-Sein, sich selbst spüren, das gibt es nur im Jetzt. Wir können es nicht aufsammeln oder sparen.
Wir können es nur annehmen, es in vollen Zügen genießen, in uns aufnehmen und heiß und leidenschaftlich durch unsere Venen pulsieren lassen. Das ist es, was die Kinder tun und warum wir Erwachsenen manchmal erstaunt sind über ihre Energie. Es ist die Energie, die wir so selten fühlen, weil wir die Verbindung zu uns selbst verloren haben. Wir bleiben hinter den "du musst", "du sollst", "du bist", "du darfst nicht" […] zurück. Der Moment, das Jetzt wird zwischen der Sehnsucht nach der Vergangenheit und der Angst vor der Zukunft zerrieben. "Lass dir jeden Tag geschehen…" Was Rilke hier beschreibt, ist jener bejahende, annehmende Zustand, den wir seit ein paar Jahren als Achtsamkeit kennen. Es bedeutet, ganz Hier zu sein. Meine Sinne, meine Aufmerksamkeit ganz auf das zu richten, was gerade ist: mein Atem, mein Herzschlag, der Geschmack in meinem Mund, das Ticken der Uhr, mein Puls, die Geräusche der Straße vor dem Haus, Wärme, Kälte, der Stoff auf meiner Haut… Achtsamkeit heißt, bewusst und fokussiert die Welt wahrnehmen, die wir bewohnen.
Die Argumentation von Rilke ist, dass man glücklich sein kann, ohne wirklich zu verstehen, was um einen herum vorgeht. Dafür nennt er Kinder als Vorbild, die annehmen, was sie vom Leben serviert bekommen, nicht in Erinnerungen schwelgen oder darüber nachgrübeln (aufsammeln und sparen), sondern vergessen (aus den Haaren lösen) und wieder Neues entdecken wollen (Hände hinhalten). Die Blüten sind tödlich! Als Kind ist man sich dieser Gefahr bewusst und entfernt sie geistesgegenwärtig aus dem Haar. Durch langjährige Indoktrination vergisst man dieses Geheimwissen jedoch, sammelt die Blüten und stirbt. Das ist der Grund warum wir alle sterben müssen!